Wie in Seide ein Königskindschläft die Erde in lauter Schnee,blauer Mondscheinzauber spinntschimmernd über der See.Aus den Wassern der Raureif steigt,Büsche und Bäume atmen kaum:durch die Nacht, die erschauernd schweigt,schreitet ein glitzernder Traum.
Geht ein sonnenloser Tagwiederum zur Neige,und der graue Nebel tropftdurch die kahlen Zweige.Leise atmend ruht die See,müde, traumumsponnen . . .eine Woge, schaumgekrönt,ist im Sand zerronnen.
Ein Häuschen wünscht ich mir, versteckt und klein, auf dessen Sims sein Lied der Vogel singt, an dessen reb´umsponnen Fensterkreuz der letzte Ton der lauten Welt verklingt. Darin für mich und für die Meinen Raum, vom Straßenlärm der Städte meilenweit – – – und einen Garten pflanzt ich um mein Haus, darinnen Blatt und Blüt und Frucht gedeiht. Ein Apfelbaum, der goldne Früchte trägt, ein Laubgezelt am schwülen Sonnentag, ein Rosenhag, von dessen Duft berauscht, ich einsam sinnen, träumen, dichten mag! Und einen Blick in Gottes schöne Welt, ins ährenreiche wogende Gefild, das, sanft geschwellt vom Hauch des Abendwinds, vom goldnen Erntesegen überquillt. Und so viel von dem Gute dieser Welt gib mir, o Herr, daß ich dem armen Mann, der an die Pforte meines Hauses klopft, ein Stückchen Brot als Imbiß bieten kann!
Am altersgrauen Baum der Zeitist eine Blume abgeblüht,und eine Knospe tut sich auf.Die Menschheit seufzt in gleicher Fron;von ihrer müden Stirne fälltder Schweiß in Tropfen erdenwärts.Ihr Glaube aber träumt im Licht:vor ihren Sehnsuchtsblicken schwimmtdas Morgenrot des neuen Tags.Wie auch die Kette klirrt und drückt,der Zukunft Sturm zerbricht sie doch, –und jedes Jahr löst einen Ring.Und jede Knospe, die erblühtam altersgrauen Baum der Zeit,birgt einen Keim der künftigen Frucht.So grüß ich dich, du neues Jahr;du junge Knospe tu dich auf,und blüh´ in lichtem Rosenrot!Des Friedens milder Maienwindumspiele deinen vollen Schoß,der Liebe Geist befruchte dich!Und deine Düfte gieße aus, –mit Blütenblättern kränze duder Menschheit tiefgefurchte Stirn.In des Jahrhunderts Niedergangsei du ein lichter Zukunftstraum,sei du ein Gruß der neuen Zeit!
Nun ist die letzte Notevom alten Lied gesungen,an der verstaubten Harfedie letzte Saite ist gesprungen.Kaum rührt ein Hauch die Lüftemit leisem tönenden Beben,wenn über die toten Saitenhinflattern die Spinneweben.
Nun bleichen die Sterne im Dämmergrau, und die Geister schweben von hinnen – und ich möchte dich halten, du blühender Traum und fühle dich schon zerrinnen! Ich möchte dich malen als wonniges Lied, mit glühenden Reizen dich schmücken – die Farbe ist blaß und die Form zerrinnt und es will kein Strich mir glücken. Ich möchte dich singen als jubelndes Lied der kommenden Sonne entgegen – das Wort versagt und die Stimme bricht vor des Herzens wogenden Schlägen. Wer faßt den sprühenden Schaum? Wer bannt der Stunde flüchtige Sohle? Wer fängt den Strahl und wer hascht den Duft der träumenden Nachtviole?!
So laß uns trinken den letzten Trank,den Trank, der nicht verschäumt,in dessen Tiefen die Perle versank,die unsere Jugend erträumt.Leere das Glas bis auf den Grund,singe dein Lied bis zum Schluß –von meinem glutweinfeuchten Mundtrinke den letzten Kuß.Siehst du, wie tief schon die Sonne stehtund wie so rot ihr Licht? –Und ob sie in funkelnden Wassern zergeht,uns beiden, uns stirbt sie nicht.Uns leuchtet die Nacht, die niedersinkt,und ladet zum letzten Genuß –Und unsere lebendige Seele ertrinktjauchzend im Schöpferkuß.
Ist das ein Ostern! – Schnee und Eishielt noch die Erde fest umfangen;frostschauernd sind am Weidenreisdie Palmenkätzchen aufgegangen.Verstohlen durch den Wolkenflorblitzt hie und da ein Sonnenfunken –es war, als sei im Weihnachtstraumdie schlummermüde Welt versunken.Es war, als sollten nimmermehrins blaue Meer die Segel gehen, –im Park ertönen Finkenschlag,und Veilchenduft das Tal durchwehen. –Und dennoch, Seele, sei gewiß:Wie eng sich auch die Fesseln schlingen,es wird der Lenz, das Sonnenkind,dem Schoß der Erde sich entringen.Dann sinkt dahin wie Nebelflorauch all dein Weh und deine Sorgen,und veilchenäugig lacht dich anein goldner Auferstehungsmorgen! –