Es glüht das Meer, endlos vor mir gebreitet,Wie die Erinnerung an ros´gen Mai,Und jenes Segel, das darüber gleitet,Mich dünkt´s, als ob mein eignes Herz es sei.Du unstet Fahrzeug dort, das schwank und irreFern durch die Wogen steuert hin und her,Wer sagt mir wohl, wohin dein Segel schwirreIn diesem weiten, inselreichen Meer?Welch Eiland einst dein Port aus all den blauen,Zerstreut im Spiegel abendrother Gluth,Wie Häupter holder Jungfraun anzuschauenAuftauchend aus dem Bade lauer Fluth?O dieses hier, auf diesen Flur von RosenDer Abend jetzt auch seine Rosen streut,Daß Himmelsblüthen mit den ird´schen kosen,Und Erd´ und Himmel glühn im Blumenstreit?Ob jenes dort, so stolz die Stirne tragend,Wenn Morgenroth drauf seinen Kuß gepreßt,Doch dessen goldner Felsenwall, hochragend,Den Kahn der Sehnsucht nimmer landen läßt?Ob jene Insel, die, daß sanft es lande,Manch Schifflein lockt, und lieblich anzusehn,Wenn Mondenglanz sich gießt auf ihre StrandeUnd goldne Stern´ in Meer und Äther stehn?Ob es die blondgelockte, deren FelderIn üpp´ger Saat hinfluthen helles Gold?Die schwarzgelockte, der ein Kranz der WälderWie lindes Haar reich um die Schultern rollt?Wer sagt es mir, wohin dies Segel schwirre,Und ob´s ein Schiff auch, was dort treibt umher?Ob´s nicht vielleicht mein Herz, das schwanke, irre,Durchschiffend der Erinnrung blaues Meer?
Wenn Nachts der freundliche SchlummerDie silbernen Fäden webt,Da trägt es mich flugs in ein Gärtchen,Wo Liebe nur schafft und lebt.Drin grünet manch seliges Plätzchen,Drin blühet manch lieblicher Strauß;Da pfleg´ ich mein friedliches GärtchenUnd schmück es gar sorglich aus.Mit Freuden und Leiden der Liebe,Bis der purpurne Morgen kam,Doch nicht mit all meinen FreudenUnd nicht mit all meinem Gram!Denn würde zur farbigen BlumeJedweder selige Traum,Für all die Blüthen und BlumenWär´ in dem Gärtchen nicht Raum.Und fiele gar jegliche ThräneAls Thau auf die Fluren schwer,Bald sähe man statt des GärtchensEin blitzendes Perlenmeer.Und lächelten Blicke der LiebeAls Sonnen von Himmelshöhn,Bald glänzten auf´s Gärtchen mehr SonnenAls Halme auf Wiesen stehn.Und flatterte jegliches KüßchenAls farbiger Schmetterling,Bald blühten zu wenig der BlumenDen Faltern im Gartenring.Doch trübte jeglicher ZwiespaltAls Wolke der Sonnen Schein,Traun, oben am Himmel blieb´ esWohl ewig heiter und rein.Und wüchse jegliche UntreuDes Liebchens als Schierlingskraut,Ich hätte die SchierlingsstaudeIm Gärtchen noch nie erschaut.So träum´ ich mir Nachts mein GärtchenAus der Liebe Freuden und Gram;Wie anders doch ist es zu schauen,Wenn wieder der Morgen kam!Die Falter sind all´ entflogen,Die Sonnen sind alle verglüht,Die seligen Plätzchen verschwunden,Die Blumen versengt und verblüht.Der einzige Thau sind die Thränen,Der Schierling das einzige Grün,Und über erstorbenen KeimenZiehn düstere Wolken dahin.
Wo war, wo ist, wo wird sie sein, die Stunde, wahrem Glück erlesen? Sie ist und sie wird nicht sein, denn sie ist immer nur gewesen! Daß wir glücklich waren, wissen wir erst, wenn wir es nimmer sind.
Ich hab´ eine alte Muhme,Die ein altes Büchlein hat,Es liegt in dem alten BucheEin altes, dürres Blatt.So dürr sind wohl auch die Hände,Die´s einst im Lenz ihr gepflückt.Was mag doch die Alte haben?Sie weint, so oft sie´s erblickt.
Gesät hab´ ich meine FreudeTief in die Erde hinein;Doch weil sie zu tief, drum wollteNur spärlich die Ernte gedeih´n.Hinauf an die höchsten SterneGeheftet hab´ ich meinen Schmerz;Doch weil er so hoch, drum fiel erMir doppelt schwer nun auf´s Herz.
Zwei Wanderer zogen hinaus zum TorZur herrlichen Alpenwelt empor;Der eine ging, weil´s Mode just,Den andern trieb der Drang in der Brust.Und als daheim nun wieder die zwei,Da rückte die ganze Sippe herbei,Da wirbelt´s von Fragen ohne Zahl:"Was habt ihr gesehen? Erzählt einmal!"Der eine drauf mit Gähnen spricht:"Was wir gesehen? Viel war es nicht!Ach, Bäume, Wiesen, Bach und Hain,Und blauen Himmel und Sonnenschein!"Der andere lächelnd dasselbe spricht,Doch leuchtenden Blicks, mit verklärtem Gesicht:"Ei, Bäume, Wiesen, Bach und Hain,Und blauen Himmel und Sonnenschein!"
Vollbracht ist´s – ach, wie alles Menschenstreben!Kein Stein, drum nicht schon kämpfte Menschenwut!Kein Strauch an dem nicht Menschentränen kleben!Kein Stäubchen Land, an dem nicht Menschenblut!Mich dünkt´s, im Buch des Himmels wärenDie schönsten Stellen, heiligsten Legenden,Des Friedens und der Liebe GotteslehrenMit schwarzem Strich durchkreuzt von Menschenhänden.
Warum auch zweite LiebeNoch stets mit bangem Muth,Mit Angst uns füllt und ZweifelnWie´s kaum die erste thut?Seht, ein ergrauter BergmannFährt in der Grube Nacht,Und alle Weg´ und TritteKennt er im dunkeln Schacht.Er, dem wie seine HütteBekannt der Stollen ward,Bekreuzt sich doch und betet,Bevor er wagt die Fahrt.
Die Seele warm,das Auge klar,die Lippe wahr,von Stahl der Arm;für´s andre sorgendein Heut´ dein Morgen.