Die Schöne:
Leicht gesagt ist: seid nicht grausam!
Doch wenn sechs um eine frein,
Muß da nicht das arme Seelchen
Gegen fünfe grausam sein?

Der Dichter:
Grausam gegen fünfe werden,
Ist so gar gefährlich nicht,
Weil von Hunderten nicht einer
Sich vor Liebesgram ersticht.

Und erschießt sich etwa einer,
Ist es nicht der Beste just;
Größten Schmerz ertragen lernen,
Ziemt der edlen Männerbrust.

Mancher stürzte sich ins Wasser,
Weil die Schöne ihn verlacht,
Der, wenn sies mit ihm gewaget,
Sie mit Peinigen umgebracht.

Mancher, der vor Sehnsucht schmachtet,
Gleich als wär es mit ihm aus,
Brächte, würd er ganz erhöret,
Nichts wie Langeweil ins Haus.

Darum, sorgenvolle Schöne,
Sieh dir deine Freier an,
Und wer mit dir weiß zu leben,
Diesen wähl, er sei dein Mann.

Quäl ihn etwas, doch nicht lange,
Und dann sprich das holde Ja;
Und die Sterber lasse sterben,
Denn sie sind zum Sterben da!

August Kopisch

DENKSCHATZ_MORE_FROM

deutscher Maler und Kunstexperte, Gelegenheitsdichter, Übersetzer von neapolitanischen Komödien
* 26.5. 1799 - Breslau
6.2. 1853 - Berlin
Please login to view comments and to post