Ob du hoch im AbendrotheAuf dem Grat der Firnen schweifst;Ob du tief im Dampf der SchloteNach dem Grau der Erde greifst –Ob du Himmelsglück entfaltestOder bang im Leide wühlst:Fühle Freund, was du gestaltestUnd gestalte, was du fühlst!
Sie sind allein, denn die Mutter kehrtZu Nacht erst vom Felde zurück…Durchs Fenster rauschet die Linde,Und die Alte erzählet dem KindeDas sonnige Märchen vom Glück.Sie erzählt vom verwunschenen KönigssohnUnd der boshaft grollenden Fee,Vom Schloß am FelsenstrandeVom wilden WogengebrandeUnd der Fischerhütte am See.Und der Prinz vertrauerte Jahr um JahrAls Schlange im dumpfigen Grund…Er wand sich in glühenden Ketten;Ein Kuß nur konnte ihn retten,Ein Kuß von rosigem Mund.Des Fischers liebliches TöchterleinTrug hohen, herrlichen Sinn;Sie sprengte die Ketten von Golde;Er aber machte die HoldeZu seiner Königin!Großmutter schweigt, und das Spinnrad schnurrt,Und das Mägdlein sitzt wie gebannt;Und es faltet die Hände im SchoßeUnd heftet das Auge, das große,Starr träumend an die Wand.Großmutter, wie schön, o wie einzig schön!Großmutter, o wäre das wahr!Großmutter, mir würde nicht bange, -Wie gerne umarmt ich die SchlangeTrotz Schauer und Todesgefahr!Warum nur hat man das alles erdacht,Wenn´s nie sich auf Erden begab… ?Mir wird in der Seele so wehe,Wie in des Kirchhofs Nähe,Wie vor des Vaters Grab!Sei stark, du zitterndes Kinderherz,Und dränge die Thränen zurück!Uns alle hat es belogen,Uns alle hat es betrogen,Das sonnige Märchen vom Glück!