Ihr könnt in meinen alten Tagen
Mich schleppen vor ein Strafgericht,
Mich samt der Gicht in´s Zuchthaus tragen,
Doch bessern, bessern, wird´s mich nicht!

Das Übel ist mir anerzogen,
Und, ach, so etwas haftet schwer;
Es stammt noch von den Demagogen,
Noch aus dem alten ›Rebstock‹ her.

Dort auf dem Arm – als kleines Bübchen –
Nahm mich die Göttin Freiheit schon,
Trug singend mich herum im Stübchen,
Und ich behielt des Liedes Ton.

Von Freiheit muß ich immer singen,
So lang´ mein Herz noch fühlt und lebt;
Nach Freiheit, Freiheit muß ich ringen,
So lange, bis man mich begräbt.

Begräbt man mich im schwarzen Röckchen,
Das Meister Hobel hat gefügt,
Ich bitt´ um ein paar Blumenglöckchen,
Sonst weiter gar nichts. Das genügt.

Im Leben hatte ich der Schmerzen,
Der Pein, der Sorge so vollauf;
Der Tod nimmt mir den Stein vom Herzen,
O, wälzt mir keinen neuen drauf!

Und wann die Siegeshörner blasen,
Und glüht der Völker Morgenroth,
Heb´ ich hinweg den leichten Rasen
Und rufe "Freiheit" noch im Tod.

Friedrich Stoltze

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deutscher Dichter
* 21.11. 1816 - Frankfurt/Main
28.3. 1891 - Frankfurt/Main
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