Ein Schilfrohr, welches dicht an einer Eiche stand,
Sah mitleidsvoll auf die gemeinen Schilfe
Des Teiches hin: da stehn die armen, sonder Hülfe!
Der Zephyr, den ich kaum empfand,
Hat diesen ein Orkan geschienen,
Denn kein Baum steht neben ihnen.
Der fürchterlichste Wirbelwind
Aus Mitternacht hebt an zu wehen.
Die Rohre, die am Teiche stehen,
Und schon gewohnt des Sturmes sind,
Entweichen ihm durch kluges Schmiegen,
Behendes Wanken, tiefes Biegen.
Er rast, sie widerstehn ihm nie,
Und unbeschädigt läßt er sie.
Der Baum allein steht trotzig ihm im Wege.

Ludwig Heinrich von Nicolay
Please login to view comments and to post