Auf ferner, fremder Aue
Johann Gabriel Seidl
Da liegt ein toter Soldat,
Ein ungezählter, vergeßner,
Wie brav er gekämpft auch hat.
Es reiten viele Generale
Mit Kreuzen an ihm vorbei;
Denkt keiner, daß, der da lieget,
Auch wert eines Kreuzleins sei.
Es ist um manchen Gefallnen,
Viel Frag´ und Jammer dort;
Doch für den armen Soldaten
Gibt´s weder Träne noch Wort. –
Doch ferne, wo er zu Hause,
Da sitzt beim Abendbrot
Ein Vater voll banger Ahnung
Und er sagt: "Gewiß, er ist tot."
Da sitzt eine weinende Mutter
Und schluchzet laut: "Gott helf´!
Er hat sich angemeldet:
Die Uhr blieb stehn um elf!"
Da starrt ein blasses Mädchen
Hinaus ins Dämmerlicht:
"Und ist er dahin und gestorben,
Meinem Herzen stirbt er nicht." –
Drei Augenpaare schicken,
So heiß ein Herz nur kann,
Für den armen, toten Soldaten
Ihre Tränen zum Himmel hinan.
Und der Himmel nimmt die Tränen
In einem Wölkchen auf
Und trägt es zur fernen Aue
Hinüber im raschen Lauf;
Und gießt aus der Wolke die Tränen
Aufs Haupt des Toten als Tau,
Daß er unbeweint nicht liege
Auf ferner, fremder Au.