Auf dem Berge, dort oben, da wehet der Wind,Da sitzet Mariechen und wieget ihr Kind;Sie wiegt es mit ihrer schneeweißen Hand,Den Blick in die Ferne hinaus gewandt.In die Ferne hinüber schweift all ihr Sinn;Ihr Lieber, ihr Treuer, der ging dahin!Sonst ging er, sonst kam er; nun kommt er nicht mehr!Nun ist´s um Mariechen so todt und so leer!In den Busen da fallen die Thränen hinein;Da trinket ein Kindlein sie saugend mit ein.Es schmeichelt der Mutter die kindliche Hand;Ihr Blick ist hinaus in die Ferne gewandt.Auch, wie sausend wehet der Wind so kalt!Mariechen, dein Liebster ging aus in den Wald;Ihm reichten die tanzenden Elfen die Hand;Er folgte der lockenden Schaar, und verschwand.Auf den Bergen dort oben, da wehet der Wind;Da sitzet Mariechen und wieget ihr Kind,Und schaut in die Nacht hin, mit weinendem Blick.Dahin ist ihr Liebster, und kehrt nicht zurück.-
Nicht der Mensch soll, Gott will richten,Will die Spreu vom Korne sichten;Nur verzeih´n ist Menschenpflicht.Gott durchschaut das Herz. Er walte;Doch du, Menschenseele, halteRedlich mit dir selbst Gericht.
Nicht des Beifalls arme Gaben,Gottes Blick und dein GefühlTragen dein Gemüt erhabenÜber dieses Weltgewühl.Sei´s daß dir das Lob verstumme:Lob verweht und Weihrauch stäubt;Nur das Gute, nur die SummeDeiner beßren Taten bleibt.
Das Leben ist ein Instrument,Von Gott uns in die Hand gegeben;Von ihm zur Wahrheit und VerstandGanz rein gestimmt, nur HarmonienFür Geist und Herz daraus zu ziehen,Das überließ er uns´rer Hand.
Die Freude fällt uns in die Hände; Die bloße Kunst nur, sich zu freu´n Die will geübt, errungen sein! Wenn sie auch jeder Narr verstände, Dann wär sie für Weise nicht; Die Freud´entflieht berauschten Tagen Mit weggewandtem Angesicht. Sie fliehet, weil wir nach ihr jagen, Der Tor erlebt sie, fühlt sie nicht.Sie liebt die stiller´n Seelenlagen,Hebt Wehmuth selbst zu sich hinaufUnd sucht uns in bewölkten TagenIn unser´m eig´nen Herzen auf.
Die Einsamkeit erzieht die PflanzeDes höheren Lebens im Gemüth,Den zarten Keim, der in dem GlanzeVon andern Sonnen heller blüht.Sie sammelt uns in ihrem Schatten,Wenn wir, verlockt durch Trug und Schein,Uns von uns selbst verloren hattenUnd führet uns in uns hinein.
Aus unsern HerzenWächst, was wir säen, uns wieder zu;Da pflanzt die Wahrheit ihre Ruh´,Da fühlt die Torheit ihre Schmerzen,Da sät das Laster seine Pein.Oh, da verblühet jeder Morgen,Den leere Abende bereun.Da hüllt die Tugend sich verborgenIn ihre stille Pflanzung ein,Die ihr kein Erdensturm verweht.
Die Freundschaft ist die heiligste der Gaben,Nichts Heilger’s konn’t uns ein Gott verleihn.Sie würzt die Freud’ und mildert jede Pein,und einen Freund kann jeder haben,der selbst versteht, ein Freund zu sein.
»So kommt denn«, fragst du, »nimmer weiterDas arme menschliche Geschlecht?So haben denn die edlen StreiterUmsonst gekämpft für Licht und Recht?« –Wir kommen weiter, trotz den Mängeln,Trotz allem, was uns täuscht und irrt,Ob auch ein Paradies von EngelnDie Erde nie erzeugen wird.Die Sonne wird, nach tausend Jahren,Wie heute, schwache Menschen sehn;Auch werden immer aus den ScharenHervor erhabne Seelen gehn,Die unverletzlich die GefahrenDer Zeitenpestilenz bestehn.Die sind der Menschheit Licht und Leiter;Vor ihnen wird es hell und klar;Sie schreiten vor durch die GefahrUnd führen Menschenseelen weiter.Ein sieggewisser GöttermutBezeichnet leuchtend diese Hohen;Sie sind die heiligen HeroenAuf denen Gottes Vollmacht ruht.Fern von des Lebens Wirbelkreisen,Und aus den Stürmen seiner ZeitTief in die Ruh der EinsamkeitHineinzuflüchten, ziemt dem Weisen,Der gern mit seinem Herzen spricht;Nur sich und Schätze seiner GabenIn ihrem Schoße zu begraben,Verhüllend das verliehne Licht,Wie die verkehrten Tugendhaften,Die heiligen Halbgötterschaften, Das ziemt dem weisen Manne nicht!