Mit Leib und Seel Manchmal im Traume meiner NachtUmschling´ ich sie mit tiefer GlutIn ihrer ganzen nackten PrachtUnd tu, was heiße Liebe tut …Doch wenn sie dann am Tage mirBegegnet, keusch und rein wie je,Schäm´ ich so bitter mich vor ihr,Daß ich ihr kaum ins Auge seh´.Sie aber lächelt still und fein,Als wüßte sie, was ich verhehl Und spräche: Kann es anders seinWenn du mich liebst mit Leib und Seel´?Und hast du nie daran gedacht,So keusch ich dir am Tage schien,Ob nicht die Träume meiner NachtDieselben irren Wege ziehn?
mach´ dich mit deiner erreichten Höh´ nicht groß!Du stehst auf deiner Ahnen Schultern bloß!Ein jeder von ihnen war einmal wie duDer Höchste, und ihn deckten die Nächsten zu,Wie Stein auf Stein empor sich fügt zum First.Du bist nur Giebel, bis du Sockel wirst!Vieltausend werden auf deinen Schultern stehnUnd ebenso stolz auf dich herunter sehn.
Zwei Frauen gibt es auf der Welt.Die einen, die wie Dirnen sindUnd, jede Faser lustgeschwellt,Nach Sünde lechzen toll und blind;Die immer neue Lüste lehrtIhr unersättliches Gefühl – – –Das sind die Frau´n, die man begehrtIn Sommernächten, kurz und schwül.Die andern sind wie Mädchen scheu.Und ob sie zehnmal Mütter sind,In ihnen wächst mit jedem KindDie eigne Kinderseele neu.Und immer neu jungfräulich gibtIhr Leib sich hin, verschämt und bang.Das sind die Frauen, die man liebtMit milder Glut sein Leben lang.
Das Weib spricht:Du bist der Wille! Dich hab ich lieb!Du bist der Gebende! Komm und gib!In Wehr und Waffen der Herr und Held,Du Lebenschaffender baust die Welt!Der Mann spricht:Dich hab ich lieb – du bist die Tat!Du die Empfangende! Nimm die Saat!Du, die im Schoße den Keim erhält,O Fruchtbewahrende, baust die Welt!
Ich weiß nicht, wer das Briefchen schrieb,Doch auf den rosa Blättern standVon einer kleinen Mädchenhand:"Sie sind mein Gott! Sie hab´ ich lieb!"Und vor der Seele sah ich klarDas ganze Bild der Törin stehn.Wie war sie köstlich anzusehnMit ihrem braunen Wuschelhaar,Dem kurzen Kleid und langen Zopf,Dem Näschen keck und burschikos,Und doch, daneben, scheu und groß,Zwei Kinderaugen in dem Kopf!So schrieb sie voll BegeisterungDie Worte hin: "Sie sind mein Gott!"– Und zu der Kleinen sprach mein Spott:O du, wie bist du dumm und jung!Da schwand ihr Bild hinweg im Nu.Doch all mein Spott verschwand mit ihr,Und eine Stimme schluchzt´ in mir:O wär´ ich jung und dumm wie du!
Kinder, große Kinder bleibenWir im Leben, und wir treibenEwig ein Versteckenspielen,Wie in alter Jugendzeit:Unter Worten klug versteckenOder stolz mit Schweigen deckenWir der Herzen wahres Fühlen,Unsre Lust und unser Leid.Hinter jedem Zaun des LebensRuft und lockt – und lockt vergebens –Einer Stimme Laut, ein lieber:Komm! hier bin ich! hol´ mich du!Aber nie zusammenfindenSich die Herzen, ach die blinden!immer stürmen sie vorüber,Immer falschen Zielen zu.Zielen, fremd und ferne jenen,Die sie suchen und ersehnen;Doch an jeder WegeswendeSpähn sie nach den andern aus,Bis es Abend wird auf ErdenUnd sie selber müde werden…Vater Tod klatscht in die Hände: Kinder, alle nun nach Haus! – – –
Wenn dich einmal eine StundeDeine Sühne finden ließ,Segne Sie! die dich mit Flammen,Dich und deine Schuld zusammenAus dem Paradiese stieß!Denn im letzten Tiefen GrundeAller Süßigkeit der LustRuht das unbewußte Wissen,Daß du sie mit BitternissenEinst zurückbezahlen mußt.
Die Nächte sind an Glut so reichUnd doch so kühl wie kluge Fraun,Die nicht dem ersten besten gleichIhr ganzes heißes Herz vertraun.Doch wer sie kennt und liebeskühnZu Boden rang die stolze Scheu,Dem geben sie sich selig hin,Dem sind sie tief verschwiegen treu.Die Sonne prunkt in frecher PrachtMit ihrer Buhlen lautem Schwarm,Doch lieb und leise legt die NachtUm einen stillen Freund den ArmUnd küßt ihn wild und doch so weichUnd läßt ihn süße Wunder schaun,Und öffnet ihm das Himmelreich –– Die Nächte sind wie kluge Fraun.
Falter haben keine Tugend –geb´ ich zu;Sie genießen ihre Jugendganz schmafu!Rauben allen BlumenseelchenGlück und Ruh,Halten selbst in LilienkelchenRendezvous.Aber denkt, ein Falterleben,liebe Leut´,Ist ja nur ein kurzes Schwebenüberm Heut´.Darum laßt sie doch genießen,wie sie´s freut,Alles was in Wald und Wiesenschnell sich beut.Freilich, besser hat´s die Schnecke,der ›nach Brehm‹Auch der Aufenthalt im Dreckeangenehm;Sie genießt das Leben gründlichund bequem,Tugendhaft sowohl als sündlich –je nachdem.Doch erregt ihr wüstes Schleimennie Skandal,Denn sie tut es im Geheimenallemal;Nur der Falterflug, der kecke,macht ihr Qual,Weil er ›offen buhlt‹ … Die Schneckehat Moral!